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Die Übernahme sozialer Aufgaben in freier Trägerschaft

In Rumänien befinden sich Sozial- und Gesundheitseinrichtungen traditionell in staatlicher Hand, was Reformen und Flexibilität über Jahrzehnte verhindert hat. Erst langsam setzte sich die Erkenntnis durch, dass der Staat für diese Aufgaben oft nicht geeignet ist und Kindertagesstätten, Altenpflegeheime und Behinderteneinrichtungen an freie Träger per Ausschreibung übergeben werden sollten. Erst 2011 begann der Bezirk Bihor als einziger in Rumänien, diese Möglichkeit durch Ausschöpfung bestehender Gesetze zu schaffen. Bestimmte soziale Dienste werden seither im Bezirk Bihor ausgeschrieben und unter bestimmten Vertragsbedingungen in die Verantwortung nicht staatlicher Träger gegeben. Allerdings unterscheidet das rumänische Gesetz nicht die kommerziellen von gemeinnützigen Trägern. Eine Übernahme von Sozial- und Gesundheitseinrichtungen durch private, renditeorientierte Unternehmen ist bisher nur deshalb nicht geschehen, weil die rumänischen Vertragsbedingungen für die Übernahme von Einrichtungen sehr restriktiv und die Erstattungssätze über Jahre extrem niedrig waren.

Dennoch haben wir als gemeinnützige Nicht-Regierungs-Organisation (NGO) sofort von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, weil sich bis dahin die von uns gekauften Wohnhäuser und Apartments in staatlicher Verwaltung befanden und wir nur beratend in ihnen tätig sein konnten. Die Asociatia romano germana Alsterdorf, der rumänische Trägerverein, den wir vor Ort gegründet haben, konnte ab Dezember 2011 auf der Grundlage der entsprechenden Ausschreibungen die Wohnhäuser und die Apartments des Betreuten Wohnens mit damals insgesamt 60 Bewohnerplätzen, heute durch Auflockerungen 43 Plätzen und 23 Angestellten, in eigener Trägerschaft übernehmen.

Nachdem die Übernahme der sozialen Dienste in den Wohnhäusern und Apartments durch uns zur Zufriedenheit aller gelungen war, hat die zuständige Sozialbehörde Bihor uns 2014 auch die Trägerschaft für eines der großen alten Heime übertragen, das bis dahin geschlossene Heim Cadea mit 50 Plätzen, in dem sehr schlechte Bedingungen herrschten.

Zum März 2023 entzog uns die Behörde aber trotz Lobes für unsere Arbeit in Cadea diese Trägerschaft wieder und begründete diesen Schritt mit einer neuen gesetzlichen Lage, wonach Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) nicht in staatseigenen Immobilien arbeiten dürften. Gleichzeitig sieht ein neues Gesetz vor, dass bis 2026 ein Drittel der stationären Heimplätze für Menschen mit Behinderung durch Aufbau dezentraler Wohnhäuser aufgelöst werden sollen. Um diese Auflage zu erfüllen, baten uns die Behörden, neue Wohnhäuser zu bauen oder zu erwerben, die wir dann wie unsere anderen Wohnangebote in eigener Verantwortung und mit staatlichen Regelsätzen betreiben könnten.